Autokauf stornieren wegen Kurzarbeit

Frage(n):

Kann man ein bestelltes Auto stornieren, weil man in Kurzarbeit ist?

Antwort:

1). Allgemeines

Grundsätzlich sind nach dem aus dem römischen Recht stammenden Grundsatz „pacta sunt servanda“ die Parteien an die vertraglich getroffenen Vereinbarungen gebunden.
Jedoch können sich Umstände ergeben, die zur Modifikation oder sogar zur Aufhebung des Vertrags führen können. Regelungen hierzu können individuell vereinbart werden oder sich direkt aus dem Gesetz ergeben.

2) Vertragliche Stornierungsklauseln/AGB

Ob eine Stornierung möglich ist, ist zunächst aus den vertraglichen Einzelheiten zu entnehmen, also dem Vertrag selbst oder den zugrunde liegenden AGB. Diese müssen nach § 305 Abs. 2 BGB wirksam in den Vertrag mit einbezogen worden sein, dürfen nicht gegen die Klauselverbote aus §§ 308 f. BGB verstoßen und gem. § 307 Abs. 1 BGB den Verwender nicht unangemessen benachteiligen.
Laut BGH ist eine Klausel, nach der ein Käufer bei Nichtabnahme eines Neuwagens 15 % des Bruttokaufpreises zahlen muss, wirksam, sodass zumindest von einer solchen Stornogebühr auszugehen ist.

Exkurs: „Force Majeure-Klauseln“

In vielen Lieferverträgen befinden sich Klauseln für den Fall höherer Gewalt, auch „Force Majeure-Klauseln“ oder „Act of God-Klauseln“ genannt, die die Rechtsfolgen von unvorhersehbaren und unbeherrschbaren Ereignissen regeln.
Nach dem BGH handelt es sich bei höherer Gewalt um ein von außen kommendes, keinen betriebliche und persönlichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis, was beim Corona-Virus wohl der Fall sein dürfte. Jedoch ist hierbei auch eine konkrete Beeinträchtigung notwendig, die über die Entstehung von höheren Kosten hinausgeht, sodass alleine Kurzarbeit aufgrund von Corona nicht zwangsläufig ausreichend sein muss.

3) Unmöglichkeit

Der Schuldner wird gem. § 275 I BGB von der Leistungspflicht befreit, wenn die Erbringung unmöglich ist.

a) Praktische Unmöglichkeit

Nach § 275 Abs. 2 BGB kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Gläubigers steht.
Dies umfasst jedoch nur solche Fälle, die mit exorbitanten Kosten verbunden sind, wovon hier nur aufgrund der Kurzarbeit nicht die Rede sein kann.

b) Störung der Geschäftsgrundlage

Einen anderen Fall stellt die Störung der Geschäftsgrundlage (oder auch „wirtschaftliche Unmöglichkeit“) nach § 313 Abs. 1 BGB dar. Der entscheidende Unterschied zur praktischen Unmöglichkeit ist der Bezugspunkt in der Abwägung der Interessen. Während bei § 275 Abs. 2 BGB auf das Erfüllungsinteresse des Gläubigers abgestellt wird, kommt es bei der wirtschaftlichen Unmöglichkeit darauf an, welche Anstrengungen der Schuldner erbringen muss und ob diese noch zumutbar sind.

aa) Voraussetzungen

(1) Subsidiarität

Zunächst ist festzuhalten, dass die Figur der Störung der Geschäftsgrundlage subsidiär ist, d. h. sie kommt nur in Betracht, wenn anderweitige Möglichkeiten, wie etwa die oben Dargestellten, nicht einschlägig sind.

(2) Wegfall der Geschäftsgrundlage

Weiter müsste die Geschäftsgrundlage entfallen sein. Hierfür sind drei Elemente heranzuziehen:

(a) Reales Element

Für die Geschäftsgrundlage muss zunächst ein Umstand vorgelegen haben, der zwar nicht Vertragsinhalt geworden ist, aber von mindestens einer Partei vorausgesetzt wurde, hier etwa das Fortbestehen des normalen Arbeitsverhältnisses ohne Kurzarbeit.

(b) hypothetisches Element

Hierunter zu verstehen ist, dass die betroffene Partei den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie Kenntnis von der tatsächlichen (jetzigen) Lage gehabt hätte.

(c) normatives Element

Schließlich hätte sich der Vertragspartner auf die Berücksichtigung des Umstands einlassen müssen, weil dieser nicht allein im Risikobereich des sich darauf Berufenden liegt.

(3) Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar

Schließlich dürfte es für die Vertragspartei nach § 313 Abs. 3 BGB nicht zumutbar sein, am unveränderten Vertrag festzuhalten.

(4) Rechtsfolge

Grundsätzlich wird durch § 313 BGB der Vertrag nicht aufgelöst, sondern angepasst. Nach Möglichkeit soll der Vertrag aufrechterhalten werden und die gegenseitigen Interessen der neuen Sachlage angepasst werden. Dies ergibt sich auch schon aus dem Wortlaut des § 313 Abs. 3 BGB, der davon spricht, dass ein Rücktrittsrecht nur dann besteht, wenn die Anpassung des Vertrags nicht möglich oder zumutbar ist.

4) Fazit

Die Möglichkeit einer Stornierung ergibt sich also in erster Linie aus dem Vertrag selbst, sodass zunächst dieser zu begutachten  ist.
Falls sich aus dem Vertrag hierüber keine Bestimmungen entnehmen lassen, ermöglicht das Gesetz selbst Möglichkeiten, damit der Schuldner nicht leisten muss oder die Vertragsmodalitäten zumindest angepasst werden können.

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