Reise-Storno KOMPAKT

Frage(n) KOMPAKT:

1. Was ist eine Pauschalreise?
2. Wann kann eine Reise storniert werden?
3. Pauschalreise zu einem späteren Zeitpunkt – Welche Szenarien sind denkbar?
4. Was gilt bei Individualreisen?

1. Was ist eine Pauschalreise?
Unter einer Pauschalreise versteht man gem. § 651a Abs. 2 BGB die Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen nach Abs. 3 zum Zweck derselben Reise.  Bei einer kombinierten Buchung von Reiseleistungen, für die ein Gesamtpreis zu entrichten ist, schuldet der Reiseveranstalter die ordnungsgemäße Erbringung mehrerer Teilleistungen als Gesamtheit, den sog. Reiseerfolg, wie z.B. Transport und Unterkunft.  
Der Pauschalreisvertrag kommt zwischen Reisendem und Reiseveranstalter zustande. Letzterer muss zwingend ein Unternehmen i. S. v. § 14 BGB sein, welches die Pauschalreise zusammenstellt und verkauft oder zum Verkauf anbietet.  Das Reisebüro tritt dabei in der Regel nur als Reisevermittler gem. §651b BGB und Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters auf, indem es den Reisenden zum Abschluss des Reisevertrags berät, dabei aber keiner eigenen Pflicht zur Leistungserfüllung unterliegt.  

Wurde nach diesen Grundsätzen eine Pauschalreise abgeschlossen, stehen dem Reisenden die in §§ 651h, i ff. BGB bezeichneten Rechte zu. Insbesondere kann der Reisende jederzeit vor Reiseantritt vom Vertrag zurücktreten (§ 651h BGB), sowie bei Vorliegen eines Reisemangels die reiserechtlichen besonderen Gewährleistungsrechte der §§ 651i ff. BGB geltend machen.

2. Wann kann eine Reise storniert werden?
a) Rücktrittsrecht
Besonders praxisrelevant ist § 651h Abs. 1 BGB, mit dem der Reisende vor Reiseantritt jederzeit von der Reise zurücktreten kann. Der Reiseveranstalter hat sodann keinen Anspruch mehr auf Entrichtung des Reisepreises, § 651h Abs.1 S.2 BGB. Jedoch kann der Veranstalter als Interessenausgleich eine angemessene Entschädigung nach Abs. 1 S. 3 verlangen, dessen Höhe sich nach § 651h Abs. 2 richtet.
Aufgrund der mit der Corona-Krise einhergehenden weltweiten Reisebeschränkungen und Reiseabsagen, fragen sich viele Urlauber, wie sie um die Entrichtung solcher Stornogebühren herum kommen.
Ein Entfallen des Entschädigungsanspruchs sieht § 651h Abs. 3 BGB vor, wonach keine Gebühren zu entrichten sind, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände am Bestimmungsort die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen erheblich beeinträchtigen.  Unvermeidbarkeit liegt nach § 651h Abs. 3 S. 2 BGB dann vor, wenn die Umstände außerhalb menschlicher Einflussnahme der Parteien liegen und auch nicht durch Vorkehrungen hätten abgewendet werden können. Ein solcher Umstand liegt derzeit mit der ausgesprochenen weltweiten Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vor.  Demnach besteht eine Warnung für nicht notwendige touristische Reisen bis einschließlich 03. Mai 2020 (Stand 21.04.2020), da mit massiven Einschränkungen des Flugverkehrs, sowie mit erheblichen Gesundheitsrisiken und Quarantänemaßnahmen zu rechnen ist. Entscheidend ist dabei, dass die Reisewarnung bei Reiseantritt noch fortbesteht oder bereits jetzt feststeht, dass das Reiseland seine Grenzen bei Reisebeginn geschlossen hat.  Soll die Reise erst im Sommer oder Herbst angetreten werden, gilt es derzeit noch abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. Das Auswärtige Amt hat bereits einmal seine Reisewarnung verlängert, weshalb es gut möglich ist, dass dies auch ein weiteres Mal geschieht. Andernfalls können für eine frühzeitige Stornierung Gebühren anfallen.

Aktualisiert (05.05.2020, 07:58 Uhr): Das Auswärtige Amt hat die weltweite Reisewarnung bis zum 14. Juni 2020 verlängert.

b) Kündigung
Ist einem ein Abwarten auf die Entwicklungen des Corona-Virus nicht zumutbar und will man bereits jetzt Abstand von seinem geplanten Sommerurlaub nehmen, besteht zudem die Möglichkeit, seinen Reisevertrag zu kündigen gem. § 651l BGB. Die Eröffnung der Gewährleistungsrechte setzt einen Reisemangel nach § 651i BGB voraus, welcher zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reiseleistung führt.  Aufgrund der sog. Einheitslösung kommen die Mängelrechte bereits mit Vertragsschluss und nicht erst mit Reisebeginn zur Anwendung und können somit vor Reiseantritt geltend gemacht werden.  Dies wird vor allem derzeit relevant, da die Möglichkeit besteht, bereits jetzt darzulegen, dass die Reise im geplanten Zeitraum wegen Quarantänemaßnahmen, Einreisebeschränkungen, oder Einschränkungen des öffentlichen Lebens, wie Touristenattraktionen, nicht stattfinden kann.
Zeichnet sich ein solcher erheblicher Mangel also bereits vor Reiseantritt ab, muss der Reisende nicht auf das Entschädigungsbehaftete Rücktrittsrecht zurückgreifen, sondern kann die Reise kündigen. Er hat vorher allerdings unter Fristsetzung ein Abhilfeverlangen gem. § 651l Abs.1 S.2 BGB geltend zu machen,  welchem der Reiseveranstalter zumindest aufgrund von Beschränkungen durch die Corona-Krise nicht nachkommen kann.

c) Fazit
Feststeht, dass der Reisende selbst aktiv werden muss und in beiden Fällen, sowohl Rücktritt nach § 651h BGB, als auch Kündigung nach § 651l BGB die Beweislast trägt. Ist man sich also unsicher, ob die Voraussetzungen eines außergewöhnlichen Umstands oder eines erheblichen Reisemangels vor Reiseantritt vorliegen, sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Es ist dabei stets empfehlenswert, zunächst das Reisebüro als Vermittler bzw. den Reiseveranstalter direkt zu kontaktieren, um eine einvernehmliche Lösung zu erzielen.

3. Pauschalreise zu einem späteren Zeitpunkt – Szenarien
Die größte Unsicherheit besteht berechtigterweise für Reisen im Sommer oder Herbst, welche bisher noch nicht durch die Reiseveranstalter selbst abgesagt wurden. Viele Bürger fragen sich, wie sie sich in der derzeitigen Situation verhalten sollen.
Es kommen folgende mögliche Szenarien in Betracht:

– Die Lage hat sich soweit beruhigt, dass die Reise stattfinden kann und angetreten wird.

– Die Reise findet statt, man möchte diese aber aus Angst vor einer Ansteckungsgefahr nicht antreten. In diesem Fall kommen Stornogebühren für etwaige Aufwendungen des Veranstalters auf den Vertragspartner (Nicht-Reisenden) zu.

– Die Reise wird vom Veranstalter selbst abgesagt. In diesem Fall bekommt man vollumfänglich sein Geld zurück.

– Man storniert die Reise frühzeitig aufgrund der Corona-Pandemie selbst und später stellt sich heraus, dass tatsächlich eine Reisewarnung für den Reisezeitraum vorgelegen hätte, man also keine Stornogebühren hätte zahlen müssen. In diesem Fall ist aufgrund der Aktualität der Corona-Krise noch nicht entschieden, wie Reiseveranstalter sich zu verhalten haben.
Tipp: Um in einem möglichen späteren Rechtsstreit den Nachweis führen zu können, ist es ratsam, alle Erklärungen gegenüber dem Veranstalter schriftlich abzugeben und einen Rücktritt ausführlich mit der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen zu begründen.

4. Individualreise
Schwieriger gestalten sich die Möglichkeiten des Reisenden bei einer Individualreise, bei der die einzelnen Reiseleistungen getrennt beim jeweiligen Leistungserbringer gebucht wurden und gerade keine Gesamtheit von Reiseleistungen vorliegt.  Hier greifen die Vorschriften des BGB zum Pauschalreiserecht nicht ein. Storniert man selbst z.B. einen Flug, h at sich der Leistungserbringer in der Regel durch Stornogebühren abgesichert, auf denen der Vertragspartner (Nicht-Reisende) sodann sitzen bleibt. Reiserücktrittsversicherungen helfen dabei ebenfalls nicht weiter, da diese bspw. nur bei einer erwiesenen Krankheit zum Zeitpunkt des Reisebeginns greifen. Eine kostenfreie Stornierung kommt dann in Betracht, wenn die Einzelleistung nicht erbracht werden kann. Dies ist z. B. der Fall, wenn das Land ein Einreiseverbot verhängt hat, der Flughafen also nicht angeflogen werden kann oder das gebuchte Hotel in dieser Region liegt.
Will der Reisende die Reise bloß aus Angst vor einer möglichen Ansteckung absagen, könnten die Leistungen jedoch erbracht werden, kann der Leistungserbringer Stornokosten verlangen.

Weiterführende Informationen:

Weiterführender Hinweis zur aktuellen Lage durch das Auswärtige Amt:
FAQ’s:
https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/fragenkatalog-node/05-reiseruecktritt/606072 (externer Link)

Reisewarnung:
https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/covid-19/2296762 (externer Link)

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